"Zementhonig"
Ein schmackhaftes Problem für Imker und Bienen
"Ihr nehmt ja den Bienen den Honig weg!“ - Ein Vorurteil gegen die Imkerei, das vor allem im Zusammenhang mit veganer Ernährung häufig vorgebracht wird. Dabei kann es für ein Bienenvolk manchmal sogar lebensgefährlich sein, auf dem gesammelten Honig zu überwintern – nämlich bei Melezitose-Honig. Umgangssprachlich oft als Zementhonig bezeichnet, wird er von so manchem Honigkenner gerade wegen seiner ganz speziellen Konsistenz geliebt - und von Imkern gefürchtet: Aber was ist Melezitose-Honig eigentlich genau und warum kann es für Bienen so gefährlich werden?
Abhängig von Region, Wärmebedingungen und weiteren Faktoren kann es zur Zeit der Spättracht geschehen, dass Blütentau erzeugende Insekten vermehrt Melezitose ausscheiden. Dabei handelt es sich um eine bestimmte Zuckerart, genauer gesagt um einen Dreifachzucker, der aus zwei Molekülen Glukose und einem Molekül Fructose besteht. Landet zu viel davon im Honig, hat das schnell Folgen – ab einem Gehalt von 10-12% Melezitose kristallisiert der Honig auf Grund der speziellen molekularen Struktur aus und wird noch in den Waben hart. Gefährdet ist allerdings nur Honig aus Honigtau, also Waldhonig.
Was tun als Imker?
Wird die Einlagerung der Melezitose rechtzeitig bemerkt, so kann der Honig noch geschleudert oder gepresst werden. Ist er aber bereits richtig hart, so ist dies nicht mehr möglich. Eine gute Kommunikation mit anderen Imkern in der Region kann dabei sehr nützlich sein, denn so kann man sich gegenseitig schon früh warnen, wenn die Bienen vermehrt Melezitose einlagern.
Dennoch ist der Honig nicht verloren, wenn auch die Methoden um ihn dann noch zu ernten, mit viel Aufwand verbunden sind: Es gibt einige Geräte wie Nagelbretter zu kaufen, die bei der Gewinnung von Zementhonig helfen können. Gleichwohl wird bei ihnen die Ausbeute geringer und es besteht die Gefahr, dass Waben beschädigt werden
Eine weitere Möglichkeit ist es, den Honig von den Bienen noch einmal umtragen zu lassen. Die Enzyme der Bienen machen dabei selbst den härtesten Honig wieder flüssig. Bei einem eng gehaltenen Volk auf einem oder zwei Magazinen wird dafür ein Absperrgitter aufgelegt. Darüber kommt ein Magazin leerer Waben - der spätere Honigraum - auf den ein Futteraufsatz mit geöffnetem Aufstieg für die Bienen oder eine Bienenflucht ohne Einsatz gelegt wird. Über dieser Konstruktion wird ein Magazin mit Melezitosewaben angebracht, die zuvor mit etwas Wasser besprüht wurden. Abschließend legt man auf die Melezitosezarge eine Plexiglasscheibe, die aber vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt sein muss.
Alternativ dazu können die Honigwaben eingeschmolzen werden. Der flüssige Honig sammelt sich beim Erkalten dann unter der Wachsschicht und kann abgelassen werden. Doch durch die starke Erhitzung wird die Qualität des Honigs stark beschädigt. Außerdem entsteht bei der thermischen Zersetzung von Zucker Hydroxymethylfurfural (HMF). Normalerweise befinden sich davon nur geringe Mengen im Honig. Das ist auch gut so, denn er ist schädlich für Bienen. Wird der Honig aber stark erhitzt, steigt der Gehalt schnell an und verwandelt den süßen Honig in gefährliches Bienengift. Der erhitzte Melezitosehonig eignet sich daher nicht als Bienenfutter, sondern darf nur noch als Backhonig verwendet werden.
Süßes Gift - Melezitose als Gefahr für die Bienen?
So ärgerlich der Ertragsausfall für Imker auch sein mag – sein größtes Problem ist er nicht. Denn es steht sehr schlecht um Bienen, wenn sie rein oder primär auf Melezitosehonig überwintern. Wie Studien zeigen konnten, sind die Winterverluste bei diesen Völkern um etliches höher. Aber warum? Wie das Umtragen zeigt, kann selbst sehr fester Honig von Bienen wieder in eine „normale“, flüssige Form gebracht werden. Die Bienen verhungern also nicht, aber weisen fast immer nach einer Überwinterung auf Melizitose Krankheiten auf, insbesondere die Ruhr. Zu den Ursachen gibt es unterschiedliche Theorien.
Teilweise wird angenommen, dass es mit dem Wasserhaushalt der Bienen in Verbindung steht. Die Zuckerkristalle des Melezitosehonig sind zu groß für die Speiseröhre der Bienen. Um dennoch mit stark kristallisiertem Honig zu überwintern, nehmen Bienen mehr Wasser als gewöhnlich zu sich. Das klingt harmlos, ist aber für Bienen äußerst gefährlich. Können Bienen dieses "mehr“ an Wasser nicht ausscheiden, so kommt es zu einer Überlastung ihrer Kotblase – was wiederum wahrscheinlich einen Ausbruch der Ruhr nach sich zieht.
Eine weitere Erklärung könnte sein, dass der Mineraliengehalt von Melezitosehonig von der Zusammensetzung für Zuckerwasser, auf dem Bienen sonst überwintern, stark abweicht: Die Kalium- und Magnesiumwerte sind sechs- bis zwanzigmal höher, die Natriumwerte geringer. Dies hat eine toxische Wirkung auf die Bienen, denn wichtige Darmzellen werden zerstört. Die Bienen werden schwach und erkranken nicht nur an der Ruhr, sondern auch an anderen Bienenkrankheiten, wie zum Beispiel Nosemose. Dadurch sterben die Bienen früher, was in einigen Fällen sogar den Fortbestand eines ganzen Volkes gefährden kann.
Frühzeitige Entnahme des Honigs ist wichtig!
Was auch immer letztendlich den Ausschlag gibt - wichtig ist, dass es der Imker gar nicht erst soweit kommen lässt. Das Ernten des Honigs ist also kein "Wegnehmen", sondern äußerst wichtig, um die Gesundheit der Bienen zu erhalten. Daher sollten Melezitosehonig und Waldhonig, der ebenfalls einen sehr hohen Melezitosegehalt aufweist generell aus dem Bienenstock entnommen werden. Stattdessen muss den Bienen ausreichend Zuckerwasser – oder noch besser "Bienentee" – zur Verfügung gestellt werden. Die Menge variiert dabei von Volk zu Volk, aber im Falle von Melezitose sollten es mindestens 10 Liter sein.
So bleiben die Bienen gesund und kommen gut durch den Winter.
Bild: Friedrich Böhringer
Quelle: Schweizer Zentrum für Bienenforschung (1985): Zementhonig im Honig- und Brutraum - was dann