Bestäubungsimkerei in den USA
Mit Bienen um die Welt
Honig ist seit jeher ein begehrtes Gut: Schon Höhlenmalereien, die auf die Zeit zwischen 10.000 und 6.000 v. Chr. datiert werden, zeigen wie Steinzeitmenschen ein Bienennest ausrauben, um an den süßen Honig zu kommen. Mit der Sesshaftwerdung der Menschen entwickelte sich auch die Bienenhaltung, die für beide Seiten Vorteile mit sich brachte: Während die Biene Schutz und Pflege erhielt, kam der Mensch im Gegenzug einfacher an den leckeren Honig.
Über die Zeit hinweg haben sich unter den verschiedensten natürlichen Gegebenheiten und kulturellen Hintergründen einzigartige Imkereipraktiken entwickelt, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden. Wie wird Bienenhaltung also in anderen Ländern betrieben? Altbewährte Imkerraditionen, neue Trends bei der Bienenhaltung, spannende Kuriositäten oder sogar lebensgefährliche Honigernten - wir nehmen Dich mit auf eine spannende Reise rund um die Welt. Heute: die USA.
Länderfakt
In den USA gehen die Bienen jedes Jahr auf einen langen Road Trip
Steckbrief
Land: USA
Heimische Honigbienenarten: Westliche Honigbiene (Apis mellifera), Afrikanisierte Honigbiene (Apis mellifera scutellata)
Trachtpflanzen: Mandelblüte, Apfel, Sonnenblume, Raps
“Biene” in der Landessprache: bee
“Honig” in der Landessprache: honey
Geschichte der amerikanischen Wanderimkerei
Die Deutschen lieben Honig! Es handelt sich um ein einzigartiges, facettenreiches und vor allem leckeres Naturprodukt. Und doch liegt der eigentliche Wert der Honigbiene, aus ökologischer und ökonomischer Perspektive, in ihrer Bestäubungsleistung. Dennoch ist diese für deutsche Imker nur in seltenen Fällen der Hauptgrund für die Bienenhaltung. Die meisten Imker und Imkerinnen sehen darin ein erfüllendes, naturnahes Hobby und haben ihre Liebe zu den beeindruckenden Insekten entdeckt. In den Vereinigten Staaten liegen die Motive für die Bienenhaltung woanders: Durch ihre enorme Bestäubungsleistung verdienen amerikanische Imker mit den kleinen Tieren gutes Geld. Der kommerzielle Wert der Biene übersteigt dort deutlich den ökologischen. Deshalb ist in den USA die lukrative Wanderimkerei die gängigste Praxis in der Imkerei. Das war aber nicht immer so.
In den 1940er Jahren ermöglichten bahnbrechende Erfindungen, wie zum Beispiel die Dampfmaschine, den Aufbruch von der Agrarwirtschaft zur Industriegesellschaft. Damit wurden aber auch immer mehr Flächen, die ursprünglich für Viehzucht und Ackerbau verwendet wurden, in Straßen und Siedlungen umgebaut. Bei diesem Phänomen spricht man von Landnutzungswandel. Der Verlust an Lebensraum, eintönige Monokulturen und der vermehrte Einsatz von giftigen Pestiziden setzte den Insekten jedoch zu - der Bestand an Bienen nahm massiv ab. Das ging so weit, dass es mancherorts nicht mehr genügend Insekten gab, um Ackerflächen zu bestäuben. So waren Imker gezwungen zu wandern und reisten mit ihren Völkern in die betroffenen Gebiete, um den Mangel an Insekten dort auszugleichen - dies war der Beginn der Wanderimkerei.
Was zunächst als kleiner Nebenverdienst begann, wurde schnell zu einem lukrativen Geschäft. Als in den 1970er und 1980er Jahren die Einnahmen durch die Bestäubungsleistung die der Honigproduktion überstiegen, war dies das Ende der traditionellen kleinbäuerlichen Imkereibetriebe. Was damals schleichend begann, ist heute Normalität. Eine Imkerei mit dem Schwerpunkt auf Honigproduktion, wie es in Deutschland üblich ist, ist in den USA zur Seltenheit geworden.
Hobby oder Geschäft?
Die Wanderimkerei ist in den USA mittlerweile gängige Praxis - schließlich ist die ziemlich lukrativ. Pro Bienenstock erhalten die Farmer rund 180 US-Dollar. So macht sich die Kommerzialisierung auch unter den Imkern breit und aus einem naturnahen Hobby wird ein richtiges Geschäft. In den USA gibt es knapp 2.000 kommerzielle Imker, die je über 300 Bienenvölker halten.
Das Wohl der Biene steht dabei oft nicht an erster Stelle - das erkennt man daran, was die kleinen Insekten jährlich leisten müssen. 18.000 Kilometer legen die fleißigen Tiere pro Jahr in einem Laster zurück und reisen von Monokultur zu Monokultur. Das Problem? Sobald die Blütezeit der jeweiligen Pflanze vorüber ist, ist kilometerweit keine blühende Pflanze mehr zu finden. So müssen die Völker zu anderen Standorten gebracht werden, damit sie überhaupt Nahrung finden. Ihr Jahr ist strikt durchgetaktet und an Entspannung ist kaum zu denken. Das geht nicht spurlos an den Bienen vorbei: Im Jahr 2014 starben rund 80.000 Bienenvölker. Wanderimkerei kann aber auch schonend funktionieren - das zeigen die Imker aus Rumänien oder Ungarn.
Road Trip mit Strapazen
Die lange Reise der Bienen beginnt in Florida, wo sie den Teebaum und den Brasilianischen Pfeffer bestäuben. Im Februar geht es direkt mit dem größten Unterfangen des Jahres weiter: der Mandelblüte in Kalifornien. Als Exportweltmeister geben die Amerikaner alles dafür, möglichst viel Ertrag von den Mandelbäumen zu gewinnen. Dafür werden für einige Wochen rund 1,5 Millionen Bienenstöcke aus allen Ecken Amerikas mit Lastwagen nach Kalifornien gebracht. Die nächsten Haltestellen auf ihrer Reise sind die Apfelplantagen in Washington, die Rapsfelder in South Dakota, die Blaubeeren in Maine und abschließend Kürbisplantagen in Pennsylvania - insgesamt ein Horrortrip für die Bienen. Doch solange sie nur für ihren kommerziellen Wert geschätzt wird, wird sich an dieser Praktik wohl wenig ändern.