Schwebende Beuten in Kamerun

Mit Bienen um die Welt

Horizontale Beuten im Baum

Honig ist seit jeher ein begehrtes Gut: Schon Höhlenmalereien, die auf die Zeit zwischen 10.000 und 6.000 v. Chr. datiert werden, zeigen wie Steinzeitmenschen ein Bienennest ausrauben, um an den süßen Honig zu kommen. Mit der Sesshaftwerdung der Menschen entwickelte sich auch die Bienenhaltung, die für beide Seiten Vorteile mit sich brachte: Während die Biene Schutz und Pflege erhielt, kam der Mensch im Gegenzug einfacher an den leckeren Honig. 
Über die Zeit hinweg haben sich unter den verschiedensten natürlichen Gegebenheiten und kulturellen Hintergründen einzigartige Imkereipraktiken entwickelt, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden. Wie wird Bienenhaltung also in anderen Ländern betrieben? Altbewährte Imkerraditionen, neue Trends bei der Bienenhaltung, spannende Kuriositäten oder sogar lebensgefährliche Honigernten - wir nehmen Dich mit auf eine spannende Reise rund um die Welt. Heute: Kamerun.

Länderfakt

Sicher vor Räubern schweben die Bienenbeuten in Kamerun in luftigen Höhen.

Steckbrief

Land: Kamerun
Region: Adamaoua
Klima: warm bis heiß
Heimische Honigbiene: Westafrikanische Honigbiene (Apis mellifera adansonii) 
Häufige Wildbiene:
Trachtpflanzen: Mango, Néré, Akazie
“Biene” in der Landessprache: bee bzw. abeille
“Honig” in der Landessprache: honey bzw. miel

Landschaft in Kamerun

Das süße Gold der Savanne

In Kamerun findet sich eine Vielzahl an Landschaften, die alle auf ihre Weise beeindruckend sind. Während sich über die südliche Landeshälfte der tropische Regenwald erstreckt, findet man im äußersten Norden die Halbwüste, die in die fruchtbare Adamaoua-Savanne mündet. Die bildet das Wasserreservoir des Landes und sorgt für ein wahres Blütenmeer in dieser Region. Durch Trachtpflanzen wie Akazie, Mango oder Néré finden Bienen in der Savanne genügend Pollen und Nektar. Kein Wunder, dass die Bienenhaltung dort eine beliebte Landwirtschaftsform ist. Meist ist der Savannenhonig sogar die einzige Einnahmequelle für die Menschen aus Adamaoua, was ihn umso wertvoller macht. Auch in Nachbarstaaten, zum Beispiel in Nigeria, wird das Gold der Savanne sehr geschätzt, sodass ein Teil des Honigs exportiert wird.

Vertikale Beuten hängen im Baum

Kameruns Bienenbäume: Imkerei mit traditionellen Beuten

In der Adamaoua-Region gleicht die Imkerei weniger der europäischen Magazinimkerei, sondern vielmehr der Zeidlerei. Der Imker stellt den Bienen eine Beute zur Verfügung, in die hoffentlich schnell ein Bienenschwarm einzieht. Bei der Beute handelt es sich um ein kegelförmiges Gebilde aus geflochtenen Pflanzenfasern. Diese werden mit Palm- oder Bananenblättern umwickelt und anschließend mit Wachs, Palmwein oder Zuckerrohrsirup bestrichen. Mithilfe dieser Lockmittel soll möglichst schnell ein Bienenvolk geködert werden. Die fertigen Beuten werden in rund zwei Meter Höhe horizontal in die Bäume gehängt - und dann heißt es abwarten, bis ein Bienenschwarm einzieht.
In Kamerun ist die Westafrikanische Honigbiene (Apis mellifera adansonii) heimisch, die sehr gereizt auf jegliche Störungen reagiert. Schon der Klang einer menschlichen Stimme bewegt sie zu einem Angriff. Da die kameruner Imker keine Schutzkleidung tragen, findet findet die Honigernte in der Regel nachts statt. Bei Dunkelheit ist die Westafrikanische Honigbiene deutlich weniger aggressiv als tagsüber. Trotzdem muss der Imker bei der Entnahme der Waben sehr zügig vorgehen. Seine einzige Verteidigung gegen die aufgebrachten Bienen ist eine Fackel.

Honigjagd mit tierischer Unterstützung

Neben der Imkerei mit den traditionellen Beuten gehen einige Kameruner auch auf die Jagd nach dem Honig von wildlebenden Bienenvölkern. Die Geschichte der Honigjagd in Kamerun geht bis in die deutsche Kolonialzeit zurück: Auf der Flucht vor den Kolonialherren versteckte sich das Volk der Gbaya in den Wäldern der Adamaoua-Region. Um zu Überleben, sammelte es den nährreichen Honig wilder Honigbienen ein. 
Bis heute haben die Gbaya einen tierischen Helfer, den Großen Honiganzeiger. Der Spechtvogel steht den Menschen der Adamaoua-Region schon lange unterstützend zur Seite und ist auch in anderen Teilen Afrikas ein gern gesehener Helfer bei der Honigsuche. Das Tier kann Bienennester aufspüren, aber ohne menschliche Hilfe kommt er nicht an das begehrte Wabenwachs. So hat sich eine ungewöhnliche Symbiose zwischen Mensch und Tier entwickelt. Um dem Großen Honiganzeiger den Start der Bienensuche zu signalisieren, klopft ein Honigjäger gegen den Stamm des Baumes, auf dem der Vogel nistet. Aber auch mit dem Pfeifen einer bestimmten Tonfolge kann man dem Specht seine Absicht deutlich machen und er fliegt los. Die Jäger folgen dem Honiganzeiger durch den ganzen Wald hindurch. Lässt er sich in kurzen Abständen und mit trillerndem Gezwitscher immer wieder auf demselben Baum nieder, ist das Bienenvolk nicht mehr weit. Nach erfolgreicher Ernte des flüssigen Goldes wartet auf den Honiganzeiger eine besondere Belohnung: Während die Menschen den Honig an sich nehmen, werden ihm das Bienenwachs und die Larven überlassen.

Ein Beitrag von Sarah von nearBees
vom 05.04.2022
aus der Serie „Mit Bienen um die Welt“