Traditionsreiche Heideimkerei in Deutschland

Mit Bienen um die Welt

Traditionelle Bienenkörner der deutschen Heideimkerei

Honig ist seit jeher ein begehrtes Gut: Schon Höhlenmalereien, die auf die Zeit zwischen 10.000 und 6.000 v. Chr. datiert werden, zeigen wie Steinzeitmenschen ein Bienennest ausrauben, um an den süßen Honig zu kommen. Mit der Sesshaftwerdung der Menschen entwickelte sich auch die Bienenhaltung, die für beide Seiten Vorteile mit sich brachte: Während die Biene Schutz und Pflege erhielt, kam der Mensch im Gegenzug einfacher an den leckeren Honig. 
Über die Zeit hinweg haben sich unter den verschiedensten natürlichen Gegebenheiten und kulturellen Hintergründen einzigartige Imkereipraktiken entwickelt, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden. Wie wird Bienenhaltung also in anderen Ländern betrieben? Altbewährte Imkerraditionen, neue Trends bei der Bienenhaltung, spannende Kuriositäten oder sogar lebensgefährliche Honigernten - wir nehmen Dich mit auf eine spannende Reise rund um die Welt. Heute: Deutschland.

Länderfakt

Im Norden Deutschlands wird auch heute noch mit traditionellen Bienenkörben geimkert.

Steckbrief

Land: Deutschland
Region: Lüneburger Heide
Klima: warm, gemäßigt
Heimische Honigbiene: Westliche Honigbiene (Apis mellifera)
Häufige Wildbiene: Rote Mauerbiene (Osmia bicornis)
Trachtpflanzen: Besenheide, Glockenheide
Typische Honigsorten: Heidehonig
Zeitpunkt der Honigernte: August-September

 

Heidelandschaft

Die Lüneburger Heide - eine Kulturlandschaft

Zwischen Hamburg, Bremen und Hannover erstreckt sich der Naturpark Lüneburger Heide. Über den violetten Blüten des Heidekrauts, dem die Landschaft ihren Namen verdankt, summt und brummt es gewaltig, denn die Bienen finden dort jede Menge Nektar und Pollen. Ein reines Naturphänomen ist die Lüneburger Heide dennoch nicht: Sie wurde schon in der Jungsteinzeit von Menschenhand geschaffen. Als der Mensch sesshaft wurde und anfing, Ackerbau zu betreiben, wurden die Eichen- und Kiefernwälder gerodet, die sich damals über das Gebiet erstreckten. Doch das Vorhaben scheiterte: Ohne Dünger konnte sich zu dieser Zeit lediglich das namensgebende Heidekraut auf den kargen Böden ausbreiten.

Heideschnucken in der Lüneburger Heide

Dank der Heidschnucken, einer alten Schafrasse, erlebte die Heidewirtschaft im Mittelalter dann einen regelrechten Boom. Das genügsame Tier lieferte den Bauern nicht nur wertvollen Dünger für den Ackerbau, sondern verhindert bis heute eine Vergrasung der Heidelandschaft. Um die Schafe dabei zu unterstützen, begannen die Bauern mit sogenannten Plaggen-Hieben die oberste Humusschicht samt Heidekraut zu entfernen. Die geernteten Pflanzen wurden wiederum an die Heidschnucken verfüttert und der entstandene Dünger auf dem Boden der Kulturlandschaft verstreut. 
Auch heute noch wird das Gebiet der Lüneburger Heide sowohl durch die Heidschnucken als auch durch die Plaggerei gehegt und gepflegt. Doch nicht nur alte Bewirtschaftungsweisen in der Landwirtschaft, sondern auch die Bienenhaltung wird dort von einigen Heideimkern noch immer ganz nach Tradition der Vorfahren betrieben.

Lüneburger Stülper: der traditionelle Bienenkorb

Obwohl der Bienenkorb auch in der Lüneburger Heide zunehmend von Magazinbeuten abgelöst wird, hat er seine Daseinsberechtigung in der Region noch lange nicht verloren. In den selbstgeflochtenen Strohkörben, die zur Festigung mit Kuhfladen oder einen Lehmgemisch überzogen werden, wird auch heute noch Bienenhaltung betrieben. Einige Imker verwenden dabei sogar Exemplare, die über 100 Jahre alt sind! Weit verbreitet ist diese Betriebsweise jedoch nicht mehr, denn sie ist sehr aufwändig und zeitintensiv.

Der klassische Bienenkorb wird als Lüneburger Stülper bezeichnet. Er besitzt keinen Boden, sondern besteht nur aus einem oben abgerundeten Raum. Die Innenausstattung des Bienenkorbes gestaltet sich eher sparsam: Lediglich ein paar Speile (Holzstöcke aus Holunder, Rosenholz oder Weide) bekommt das Bienenvolk zur Befestigung des Naturwabenbaus vom Imker gestellt. Das Flugloch befindet sich an der Oberseite der Beute. Das hat einen ganz wichtigen Vorteil: Die Bienen lagern ihren Honig in sicherer Entfernung zum Flugloch in den unteren Waben ein, sodass ihn der Imker unkompliziert der bodenlosen Beute entnehmen kann.

Bienenschwärme für eine ertragreiche Honigernte

In der Lüneburger Heide bildet die größte Massentracht von Juli bis Oktober, wenig überraschend, das Heidekraut (meist bestehend aus Glocken- und Besenheide).Um davon bestmöglich zu profitieren, nutzen die Heideimker den natürlich Schwarmtrieb ihrer Bienen: Mehr Bienenvölker, mehr Heidehonig! Im Frühjahr ist das Brutgeschäft bei den Bienen besonders hoch. Um zu verhindern, dass der Bienenstock aus allen Nähten platzt, macht sich ein Teil des Bienenvolkes mit der alten Königin auf die Suche nach einem neuen Zuhause. Diesen Moment wollen die Heideimker nicht verpassen und beobachten aufmerksam das Flugloch ihrer Bienenkörbe. Sobald sich das Schwärmen ankündigt, spannt der Imker den sogenannten Schwarmfangbeutel über das Flugloch. Wenige Minuten später ist der voll mit Bienen und ihrer Königin, die ohne Umwege in einen neuen Korb umziehen dürfen. Um die Menge der Völker für die Trachtsaison zu verdoppeln oder sogar zu verdreifachen, wird dieser Prozess bei jedem bestehenden Volk wiederholt.

Biene in der Heide

Heidenarbeit bei der Heidehonigernte

Haben die Bienen ausreichend Pollen und Nektar eingetragen und Honig produziert, geht es für die Imker an die Ernte des Heidehonigs. Um ungestört arbeiten zu können, müssen die Bienen aber zuerst den Korb wechseln. Zur Beruhigung der aufgebrachten Insekten, und auch um sich für die folgende Arbeit beide Hände freizuhalten, wird in der Heide statt des üblichen Smokers eine Pfeife verwendet. Die Methode zur Umsiedlung des Bienenvolkes ist speziell: An die Unterseite des bewohnten Stülpers wird ein leerer Korb mit der Öffnung nach oben gebunden. Etwa dreißig Mal schüttelt der Imker die beiden zusammengebundenen Körbe, um auf diese Weise die Bienen in den leeren Korb zu “verlegen”. Während diese mit der Einrichtung ihres neuen Zuhauses beschäftigt sind, beginnt der Bienenhalter mit der Ernte der Honigwaben.
Die Verarbeitung von Heidehonig ist gar nicht so einfach, denn durch seine geleeartige Konsistenz lässt er sich nur schwer schleudern. Kein Wunder also, dass die Delikatesse aus der Lüneburger Heide häufig als Scheibenhonig in Wabenform angeboten - oder direkt aus den Waben gepresst wird.
Ist die Honigernte vorbei, werden die Völker auf den Winter vorbereitet. Dafür ergreift der Imker drastische Maßnahmen: Damit die Bienen die kalte Jahreszeit überstehen und große, wärmende Wintertrauben bilden können, muss die Anzahl der Bienenvölker jetzt wieder stark reduziert werden. Um das zu erreichen, werden einige Königinnen getötet und Bienenvölker zusammengelegt.

Keine Bienen, keine Heide!

Die Kulturlandschaft der Lüneburger Heide wird wesentlich von den Bienen beeinflusst. Durch ihre unermüdlichen Ausflüge über die Felder des Naturparks sorgen sie mit ihrer Bestäubungsleistung für den Fortbestand des Heidekrauts und schaffen damit ein üppiges Nahrungsangebot für die Heidschnucken. Auch wir Menschen dürfen uns über ein ganz besonderes Bienenprodukt freuen: den Heidehonig. Mit dem Kauf von Heidehonig kannst auch Du einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt der Kulturlandschaft und der traditionsreichen Heideimkerei leisten - so bleiben uns hoffentlich sowohl die Lüneburger Heide mit ihrer einzigartigen Flora und Fauna, als auch die Bienen noch lange erhalten.

Entdecke Heidehonig aus Deutschland

Ein Beitrag von Sarah von nearBees
vom 08.03.2022
aus der Serie „Mit Bienen um die Welt“