Milde Winter - kranke Bienen?
Wie der Wegfall der vierten Jahreszeit Wild- & Honigbienen gefährdet
Einflüsse warmen Winterklimas auf unsere Bienen
Spätestens seit Fridays For Future ist der Klimawandel in unserem kollektiven Bewusstsein angekommen, mit ihm ein gewachsenes Bewusstsein für Umweltprobleme und auch jeder selbst dürfte schon die ein oder andere Veränderung wahrgenommen haben. Am deutlichsten spürt man wohl an den seit Jahren anhaltenden schwachen Wintern, mit ungewöhnlich hohen Temperaturen und ausbleibendem Schneefall, dass etwas im Wandel ist. So erlebten wir 2019/2020 den zweitwärmsten Winter seit 1881 und immer mehr dieser Rekorde liegen in naher Vergangenheit. Zwar sehen wir in diesem Januar bisher einen stabilen, kühlen Winter. Jedoch warnen Experten schon in den Prognosen vor warmen und vor allem stark schwankenden Temperaturen der nächsten Monate. Du hast vielleicht schon mal davon gehört, dass ein schwacher Winter, gefolgt von einem späten und plötzlichen Wintereinbruch, den Pflanzen und Insekten schadet. Doch selbst ohne diesen Wintereinbruch kann der Verlust unserer vierten Jahreszeit gerade für Bienen zu einem echten Überlebensproblem werden. Doch warum ist das so?
Über Jahrtausende angepasstes Verhalten
Über Jahrtausende hat sich die Flora & Fauna in Deutschland an die hiesigen Umweltbedingungen angepasst. Auch die Insekten haben speziell für die bei uns üblichen Winter Überlebensstrategien entwickelt. So stellt ein Bienenvolk sein gesamtes Verhalten in der kalten Jahreszeit um. Es spart z.B. Energie durch die Einstellung der Brut und des Sammelns von Nektar, von dem die Natur nicht mehr genug zur Verfügung stellen kann. Und diese eingesparte Energie brauchen die wechselwarmen Tiere dringend, um mit Hilfe ihrer Honig-Reserve durch den Winter zu kommen. Hierzu bilden die Winterbienen eine Traube und halten unter viel Energieaufwand und Flügelgezitter die Luft in der Beute konstant warm (mehr zu den Winterbienen und ihrer Arbeit erfährst du in diesem Blogbeitrag: Das Geheimnis der Winterbienen).
Auch Wildbienen wissen mit Minustemperaturen und Schnee umzugehen. Die kleinen Einzelgänger suchen sich, je nach Art, unterschiedliche Verstecke zum Überwintern. Die meisten von ihnen aber sterben nach dem Sommer und lassen lediglich versteckte Brutkammern zurück. In ihnen sind verpuppte Imago (bereits voll entwickelte Insekten), die darauf warten ihr Erwachsenenleben im Frühjahr zu beginnen.
Nicht alle Honig- oder Wildbienen überleben einen anständigen Winter. Jedoch sind sie dank ihrer Strategien genug angepasst, dass ein Fortbestand im darauffolgenden Frühling gesichert ist. Zudem halten auch ihre schlimmsten Feinde, die Parasiten, wie bspw. die Varroamilbe, bei eisigen Temperaturen Winterruhe und die Bienen und ihr Nachwuchs werden wenig bis gar nicht von diesen befallen.
Milde Winter bringen alles durcheinander
Wieso schadet ein milder Winter nun den Bienen fragst Du dich vielleicht? Die Überlebensstrategien sind doch ohnehin anstrengend und ein schwächerer Winter sollte den Bienen das Leben doch nur leichter machen, oder?
Auch wenn das vielleicht naheliegend erscheinen mag, ist dem in der Realität leider nicht so. Ökosysteme sind komplex und die in ihnen lebenden Pflanzen und Tiere reagieren empfindlich auf Veränderungen. Der Mensch und auch andere Säugetiere sind extrem anpassungsfähig. Unsere kleinen Krabbler aber, welche für uns selbst so wichtig sind, sind dies oft nicht.
Kommt der Winter durcheinander und es ist zu warm, kann es unter gewissen Bedingungen dazu führen, dass ein Honigbienenvolk die Brut fortsetzt. Die Königin legt weiter Eier und die Arbeiterinnen sind aktiver. Allerdings bietet die Natur nicht mehr die nötige Nahrung, um dieses Verhalten gesund aufrecht zu halten. Steigen die Temperaturen über 10°C, fliegen die Bienen nun weiterhin aus dem Volk und verschwenden ihre Kräfte mit einer erfolglosen Nahrungssuche. Auch kann es passieren, dass die Arbeiterinnen bei sogenannten Reinigungsflügen (Entleerung der Kotblase) unweit von der Beute erfrieren, da sie die Temperaturen unterschätzen.
Ein weiteres großes Problem sind die Parasiten. Diese sind nun weiter aktiv und greifen die Bienen und ihre schutzlose Brut an. Das gleiche Schicksal teilen auch die Wildbienen. Ihr Nachwuchs liegt verpuppt unter der Erde oder in Bäumen und wird attackiert.
Später Wintereinbruch
Sollte der Frühling einmal früher kommen als gewöhnlich, ist das kein Problem. Die Bienen werden wieder aktiv und gehen ihrem geschäftigen Leben als Honigproduzentinnen nach. Schließlich kann dieselbe Bienenart ja auch in wärmeren Teilen unserer Erde leben und dort rund ums Jahr Nektar sammeln. Kommt nach einer frühlingshaften Zeit jedoch noch einmal der Winter zurück, hat das fatale Folgen. Auch das haben wir in den letzten Jahren immer häufiger erlebt. Der Winter wird zunehmend unregelmäßig und unberechenbar. Die bereits erblühten Pflanzen sterben wieder ab und können später, wenn der Frühling richtig da ist, nicht mehr als Nahrung dienen.
Alles in allem üben die klimatischen Veränderungen einen enormen Druck auf unsere kleinen Bestäuber aus und gefährden vor allem die Wildbienen, welche nicht die Fürsorge der Imker genießen. Für Dich und uns alle ist es wichtig derartige Zusammenhänge zu verstehen, damit wir uns der künftigen Probleme des Klimawandels bewusst werden.