Aus grau mach' bunt
Mit den Waffen der Guerilla Gärtner
Ein insektenfreundlicher Garten oder Balkon ist ein wichtiger Beitrag gegen das Artensterben: Bienen, Hummeln, Schmetterlinge und andere Bestäuber finden hier ausreichend Nahrung und Wohnraum. Doch viele Menschen haben selbst keinen Balkon oder Garten, den sie nach ihren Vorstellungen gestalten können. Gleichzeitig stören sie sich an den verwahrlosten und grauen Freiflächen in Städten. So ist die Bewegung des Guerilla Gardening entstanden.
Guerilla Gärtner versuchen öffentliche Plätze eigenmächtig nach ihren Vorstellungen bepflanzen. Mittlerweile finden sich deshalb in immer mehr Städten blühende Randstreifen, blumige Verkehrsinseln und Parks, in denen Gemüse wächst! So sollen die Brachflächen innerhalb einer Stadt wieder begrünt, der Umwelt geholfen und auf Klimaschutz aufmerksam gemacht werden.
Rechtliche Situation
Bevor man sich jedoch dazu entscheidet, selbst als Guerilla-Gärtner aktiv zu werden, sollte darauf hingewiesen werden, dass dabei oft gegen geltendes Recht verstoßen wird. Das Bepflanzen öffentlicher Räume zählt als Sachbeschädigung und auch der Eingriff auf fremden Privatgrundstücken ist verboten. Mit der Aussaat auf diesen Flächen verliert man außerdem das Recht an den Samen und daraus entstehenden Produkten. Sprich: Die Ernte der Früchte und auch das spätere Ausgraben der Pflanzen ist rechtlich untersagt!
In der Realität kommt es meist nicht zu Sanktionen, dennoch trägt jeder Guerilla Gärtner selbst die Verantwortung für seine Aktionen. Auf keinen Fall darf durch die wilde Bepflanzung Schaden zugefügt werden, daher muss die Auswahl der Pflanzen und der Orte immer gezielt erfolgen. Pflanzt man beispielsweise hochwachsende Pflanzen auf Verkehrsinseln können diese die Sicht versperren und somit Gefahren verursachen. Genauso wenig sollten ordentlich bepflanzte Beete verändert werden, da so in die Arbeit eines anderen eingegriffen wird.
Geheimwaffe: Samenbombe
Seed Bombs (dt. Samenbomben) sind ein beliebtes Mittel des Guerilla Gärtners: Erde,Ton und unterschiedlichstes Saatgut werden zu einer Kugel geformt und getrocknet. Diese „Bombe“ kann nun ganz einfach an beliebiger Stelle platziert werden. Sobald die Kugel mit Wasser in Berührung kommt, springt sie auf und die enthaltenen Samen beginnen zu keimen.
Die Bomben sind ganz einfach herzustellen, eine Anleitung findest Du in diesem Beitrag. Die enthaltenen Samen können natürlich auch durch Gemüsesamen ersetzt werden! Auch Kindern macht das Formen und Ausstreuen der Samenbomben riesigen Spaß. Die Spannung ist groß: Wann werden die ersten Keime austreiben und wie werden die Pflanzen wohl aussehen? Somit sind Samenbomben die ideale Gelegenheit, den Umgang mit der Natur zu lernen.
Bienenweide
Bienenfreundliches Saatgut ist ebenfalls eine Möglichkeit, einer ganzen Reihe Insekten Nahrung zu verschaffen, denn sie besteht aus Pflanzen, die viel Nektar und Pollen produzieren. Da es sich oft um Lichtkeimer handelt, müssen die Samen nicht tief vergraben werden. Sie lassen sich also ganz unkompliziert beim Spazierengehen in Parks, an Straßenrändern oder sonstigen brachliegenden Flächen aussäen.
Überall, aber nicht sinnlos
Der richtige Ort und Zeitpunkt des Ausstreuens darf trotzdem nicht vernachlässigt werden. An schattigen Orten, an denen nie die Sonne scheint, werden die meisten Pflanzen nicht wachsen. Viele Wildblumen sind außerdem sehr trittempfindlich. Es sollte also in diesem Fall eher ein Randbereich, beispielsweise in der Nähe eines Zauns, gewählt werden. Sinn macht es daher, sich vorab eine Stelle zu suchen und anhand der Gegebenheiten dann die passenden Samen auszuwählen. Die Aussaat vieler Pflanzen beginnt nach dem letzten Frost, also zwischen März und April. Beim Kauf des Saatguts ist der ideale Aussaatzeitraum aber in der Regel angegeben.
Nicht nur der Zeitpunkt, auch die Art der Pflanze ist entscheidend. Viele Zuchtpflanzen oder exotische Sorten bieten unseren Insekten kaum Nahrung. Es besteht außerdem die Gefahr, dass sie heimische Pflanzen weiter verdrängen. Somit kann eine gutgemeinte Samenbombe den Bienen und Insekten weiter ihre Lebensgrundlage nehmen, wenn sie die falschen Samen enthält. Deshalb sollte stets auf insektenfreundliche Pflanzen zurückgegriffen werden, dieses Thema wurde bereits zu Beginn unserer Blogreihe erklärt.
Urban Gardening im Gemeinschaftsgarten
Wer Guerilla Gardening betreibt, muss sehr geduldig sein. Denn oft werden die frei gepflanzten Samen durch städtische Gärtnereien bei der nächsten Reinigungsaktion bereits wieder entfernt. Deshalb entwickelte sich mit der Zeit ein weiterer Trend: das Urban Gardening. Hier werden städtische Flächen zum Gärtnern und Gemüseanbau genutzt. Im Gegensatz zum Guerilla Gardening ist dieses in der Regel von der Stadt oder dem privaten Grundstückseigentümer genehmigt. Zudem liegt hier der Fokus deutlich mehr auf dem Anbau von Nutzpflanzen wie Kräutern, Gemüse und Obst.
Oft arbeiten mehrere (Hobby-)Gärtner zusammen an einer Fläche, um den zeitlichen Aufwand zu meistern. Eines der bekanntesten städtischen Projekte ist wohl der Prinzessinnengarten am Moritzplatz in Berlin. Hier wird bereits seit 2009 ökologisches Urban Gardening in Hochbeeten betrieben. Auch in München gibt es 2011 das Urban Gardening Projekt “o’pflanzt is!”. Aber auch in vielen anderen Großstädten gibt es mittlerweile Projekte, die das Nutzen urbaner Flächen für Gemüseanbau fördern.
Du willst mehr wissen?
Wenn Du mehr über den Einstieg in das Gärtnern ohne Garten erfahren möchtest, bietet das Buch “Urban Gardening” von Yohan Hubert (Ulmer Verlag) einen guten Einstieg. Hier erfährst Du, welche Pflanzen wie angebaut werden können, außerdem werden verschiedene Bewässerungs- und Pflegemöglichkeiten vorgestellt. Das Buch "Was wächst wo?" von Didier Willery (Ulmer Verlag) gibt Dir außerdem einen Überblick, über die richtige Pflanzenwahl an verschiedenen Standorten.
Bilder:
sebastiankauer - Guerilla Gardening, CC BY 2.0
Assenmacher - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0