Die Honigbiene und die Waldameise

Unterschiede und Gemeinsamkeiten der beiden Arbeitstiere

Honigbiene und Waldameise

Meistens sehen wir Bienen auf der Suche nach süßem Nektar summend umherfliegen - Ameisen hingegen beobachten wir, wie sie in einer langen Ameisenstraße unterschiedliche Nahrung zu ihrem Nest schleppen. Auf den ersten Blick scheinen die beiden Insektenarten recht unterschiedlich zu sein, doch wusstest Du, dass sie sich in Wirklichkeit sogar ziemlich ähnlich sind? Wenn wir uns das Leben der Honigbiene (Apis mellifera) und der Waldameise (Formica) genauer anschauen, finden wir so einige Übereinstimmungen. 

Schmale Taille und spitzer Stachel: Bereits optisch gibt’s Gemeinsamkeiten

Honigbienen und Waldameisen gehören beide zu den sogenannten Stechimmen, einer Teilordnung der Hautflügler. Gemeinsam mit den Legimmen, zu denen z. B. Schlupf- oder Holzwespen gehören, bilden sie die Unterordnung der Taillenwespen. Wie der Name schon sagt, haben also sowohl Bienen als auch Ameisen die typische Wespentaille.
Die rund 50.000 Stechimmen-Arten sind allesamt mit einem Stachel ausgestattet - darunter die Biene und die Ameise. Allerdings gibt es hier bereits einen kleinen Unterschied: Während die Biene ihren Stachel ausschließlich zur Verteidigung einsetzt, nutzt ihn die Ameise auch zur Jagd. Sie lähmt oder tötet ihre Beute zusätzlich mit ihrem im Stachel enthaltenen Gift.

Honigbiene sammelt Nektar

Eine Waldameise auf Waldboden

Soziale Insekten: Bienen und Ameisen sind staatenbildend

Honigbienen und Waldameisen sind äußerst gesellig und lieben die Gemeinschaft, denn: Sie sind beide staatenbildend. Bestimmt weißt Du, dass jedes Honigbienenvolk eine Königin hat - aber auch das Ameisennest ist royal besetzt. Allerdings kann es hier sein, dass ein Staat mehr als nur eine Ameisenkönigin besitzt. Die Königinnen sind bei beiden Insektenarten zuständig für den Fortbestand ihrer Völker - sie sind die Einzigen, die Eier legen. 
Den Großteil des Staates beider Insekten machen die Arbeiterinnen aus. Und die haben allerhand zu tun, denn sowohl im Bienenstock als auch im Ameisennest fallen viele verschiedene Aufgaben an. Neben Nahrungssuche, Brutpflege und Nestbau sind sie auch für die Verteidigung vor Eindringlingen und die Versorgung der Königin verantwortlich. Für welche Aufgaben sie zuständig sind, hängt ganz von ihrem Alter und Lebensabschnitt ab. 

Ameisenhügel im Wald

Bienenvolk bei Imker

Drohnen - männliche Bienen - und Ameisenmännchen dagegen sind ausschließlich für die Befruchtung der Königin wichtig. Beim sogenannten Hochzeitsflug versuchen sie die Königin zu begatten - wenn sie erfolgreich waren, bezahlen sie allerdings mit ihrem Leben. Ja - auch Ameisen machen das so: Männliche Ameisen haben Flügel, genauso wie die Ameisen-Jungköniginnen. Letztere brechen ihre Flügel nach der Paarung allerdings ab, um auf dem Waldboden besser voranzukommen und rechtzeitig einen Nistplatz zu finden. Aber nur wenige überleben diese Suche. Eine Rückkehr in ihr Ursprungsnest ist bei der Großen Roten Waldameise aber unmöglich, denn diese akzeptiert keine Konkurrenz zu ihrer eigenen Königin. Im Gegensatz dazu ist die Kleine Rote Waldameise damit einverstanden, dass die begatteten Königinnen in ihr Nest zurückkehren. Manche nisten sich aber auch in einem anderen bestehenden Ameisenstaat ein und legen dort ihre Eier. So oder so kann es also dazu kommen, dass ein Ameisenstaat mehr als nur eine Königin besitzt.

Veggie Biene vs. Allesfresser Ameise

Trotz der vielen Gemeinsamkeiten unterscheiden sich die fleißigen Insekten auch in einigen Eigenschaften voneinander - z.B. bei der Ernährung. Bienen ernähren sich ausschließlich vegetarisch. Die Leibspeisen der Honigbienen sind bekanntlich Pollen und Nektar aus Blütenpflanzen, aber auch Honigtau. In den Wintermonaten ernähren sich die Bienen von ihren angelegten Honig-Vorräten. Allerdings verspeisen sie den Honig nicht so wie wir Menschen, sondern verflüssigen ihn vorher erst wieder. Die vegetarische Lebensweise findet man dabei nicht nur bei den Honigbienen, sondern auch bei Wildbienen. 
Waldameisen sind hingegen weniger wählerisch. Sie essen fast alles was sie finden - seien es nun andere Gliederfüßer wie Raupen, Schmetterlinge, Fliegen oder Spinnen oder auch pflanzliche Produkte, z. B. Honigtau, Samen, Pollen oder Früchte. Waldameisen zählen zu den bedeutendsten Jägern der heimischen Wälder. Wird ein Tier transportiert, bedeutet das aber nicht automatisch, dass es auch tatsächlich erjagt wurde. Täglich sterben viele Kleintiere, die von den Ameisen einfach aufgesammelt werden. Man schätzt, dass 90 Prozent der toten Gliederfüßer von Ameisen als Futter genutzt werden.

Ameisen tragen Nahrung

So unterschiedlich kommunizieren Bienen und Ameisen

Bienen sind begabte Tänzerinnen - doch was hat das mit Kommunikation zu tun? Untereinander kommunizieren Bienen, indem sie tanzen. Somit werden neue Futterquellen und deren Entfernung und Richtung mitgeteilt. Zu unterscheiden sind der Rund- und der Schwänzeltanz. Ersterer ist am Bienenstock zu beobachten, wenn Sammelbienen ihre Artgenossen über eine Trachtquelle informieren wollen, die weniger als 100 Meter entfernt ist. Der komplizierte Schwänzeltanz dagegen kommt erst zum Einsatz, wenn die gefundenen Blüten weiter entfernt sind.  
Ameisen kommunizieren anders - und zwar größtenteils über verschiedene Duftstoffe. Es gibt also für jede Situation von Drüsen produzierte Pheromone, die das Gemeinschaftsleben der Ameisen ermöglichen. Das Sekret der Nebendrüse dient beispielsweise als Nahrungsalarm und veranlasst andere Arbeiterinnen dazu, das Nest zur Nahrungssuche zu verlassen. Kommunikation ist aber auch taktil durch das Betasten der Fühler möglich. So berühren sich die Fühler beispielsweise kurz oder lang und abrupt oder gleitend. Mit dieser Methode kann eine Ameise z.B. signalisieren, dass sie hungrig ist.

Im Gegensatz zur Ameise hat die Biene ein recht kurzes Leben

 

Bienen Grafik

Eine Sommer-Arbeiterbiene wird meist nur 35 Tage alt, sie muss körperlich viel leisten und hat somit nur ein recht kurzes Leben. Die  Arbeiterinnen im Winter schaffen es hingegen sechs Monate zu überleben - sie sorgen dafür, dass das Volk gut durch die Winterzeit kommt. Die Königin wird immerhin zwischen 4 und 6 Jahre alt. Und die Drohnen? Die sterben wie bereits erwähnt nach der Paarung mit der Königin. Kommt es dazu nicht, haben sie eine Lebenserwartung von rund 50 Tagen.

 

 

Ameisen Grafik

Eine Waldameisen-Arbeiterin lebt 2 bis 3 Jahre. Die Ameisenkönigin aber kann bis zu 25 Jahre alt werden - unglaublich, oder? Monogyne Staaten, also Staaten mit nur einer einzigen Königin, überleben nur so lange wie die Königin selbst. Polygyne Staaten dagegen können bis zu 5.000 Königinnen haben und werden deshalb in der Regel 50 bis 80 Jahre alt. Danach akzeptieren sich die Königinnen untereinander nicht mehr, da der Verwandtschaftsgrad immer geringer wird.

 

Mehr als nur Insekten - die ökologische Bedeutung von Bienen und Ameisen

Nicht zu vergessen ist eine weitere Gemeinsamkeit der Insekten: ihre Bedeutung für unser ökologisches Umfeld. Die Honigbiene ist eines unserer wichtigsten Nutztiere - rund zwei Drittel unserer Lebensmittel hängen direkt oder indirekt von der Bestäubung der Biene ab. Nicht nur für die Landwirtschaft hat ihre Bestäubung eine enorme Bedeutung, sondern auch für Wildpflanzen und damit den Erhalt des Ökosystems und der Biodiversität. Kurz gesagt: Unsere gesamte Umwelt ist von der Biene abhängig. Für intakte Wälder dagegen ist besonders die Waldameise wichtig. Ihre Vorliebe für Raupen und Insektenlarven kommt den Bäumen und Sträuchern des Waldes zugute. Denn durch ihren hohen Nahrungsbedarf tragen sie dazu bei, die für den Wald schädlichen Tiere zu dezimieren. Zugleich sind Ameisen wichtige Nahrung für verschiedene andere Insekten- und Tierarten. Durch den Abbau von Holz und Laub für ihre Nester sorgen sie außerdem für die Lockerung des Waldbodens und für die Bildung von wichtigem Humus. Neben der Schädlingsbekämpfung und Bodenverbesserung verteilen sie außerdem Samen von rund 150 verschiedenen Pflanzenarten in der Natur.
Ohne die Honigbiene und die Waldameise wäre unsere Umwelt also nicht dieselbe. Das Funktionieren unseres Ökosystems hängt von ihnen ab - sie sind für Mensch und Natur unersetzlich!

Du willst mehr erfahren?


Das Zusammenleben der Ameisen ist äußerst komplex und es gibt noch viel zu entdecken. Das Buch “Das Ameisenkollektiv” (KOSMOS Verlag) von Armin Schieb liefert Dir mit Hilfe detailreicher 3D-Computer-Zeichnungen tiefe Einblicke in die Entstehung und Organisation eines Waldameisenvolkes.

Ameisenmännchen

Ein Beitrag von Svenja von nearBees
vom 28.10.2022