Supermarkthonig im Test
Jeder Vierte ist mangelhaft, aber wieso?
Im Schnitt isst jeder Deutsche 1,1 Kilogramm Honig pro Jahr - das macht uns zum Weltmeister im Honigkonsum und ein Großteil davon wird im Supermarkt oder Discounter gekauft. Genau diese Honige wurden nun durch die Stiftung Warentest untersucht. Mit erschreckenden Ergebnissen: Keiner der Honige erhielt das Siegel “sehr gut” und 10 der 36 getesteten Honige wurden als “mangelhaft” eingestuft - somit entspricht etwa jeder vierte Honig nicht den gesetzlichen Vorgaben. Aber wo liegen die Mängel und wie sind diese Ergebnisse einzuschätzen? Wir haben uns den Testbericht genauer angeschaut.
Was wurde untersucht?
Die Stiftung Warentest untersucht und vergleicht regelmäßig Artikel unterschiedlichster Anbieter. Hierfür werden die Produkte in verschiedenen Kategorien bewertet, die schließlich gewichtet und zu einem Gesamturteil zusammengefasst werden. Die aktuelle Untersuchung verglich insgesamt 36 Honige aus verschiedenen Supermärkten und Discountern. Sowohl Mischblüten- als auch Sortenhonige aus unterschiedlichen Preissegmenten waren Bestandteil des Tests. Die detaillierten Angaben zu den untersuchten Honigen und der angewandten Methodik können hier nachgelesen werden. Zusammenfassend wurden die folgenden sechs Kategorien bewertet:
1. Sensorisches Urteil: Untersuchung des Geruchs, der optischen Erscheinung und des Geschmacks, bei Sortenhonigen außerdem Berücksichtigung des Sortencharakters
2. Pollenspektrum und mikroskopische Auffälligkeiten: Bestimmung der botanischen und geographischen Herkunft der enthaltenen Pollen
3. Grundmerkmale: Ermittlung chemisch-physikalischer Merkmale wie Enzymaktivitäten, elektrische Leitfähigkeit oder Verfälschung durch Fremdbestandteile
4. Kritische Stoffe: Prüfung auf Fremd- und Schadstoffe wie Medikamente, Pflanzenschutzmittel oder natürlich vorkommende Gifte
5. Verpackung: Testen der Benutzerfreundlichkeit und Einhaltung rechtlicher Vorgaben auf der Verpackung
6. Deklaration: Korrektheit der Verpackungsangaben hinsichtlich Inhalt und Übersichtlichkeit
Nicht immer steckt drinnen, was auf dem Etikett steht
Betrachtet man die Ergebnisse des Testberichts, zeigt sich in einigen Fällen eine Belastung der Honige durch schädliche Substanzen oder ein Qualitätsverlust durch Wärme. Auffällig ist allerdings vielmehr, dass sich unter den 19 Sortenhonigen alle 10 Produkte befinden, die mit der Gesamtnote “mangelhaft (5,0)” bewertet wurden. Bei dieser schlechten Beurteilung handelt es sich zum Großteil nicht um qualitative Mängel, sondern um die falsche Deklaration der Honigsorten. Um einen Sortenhonig als solchen zu verkaufen, muss ein bestimmter Anteil der enthaltenen Pollen von der jeweiligen Pflanzensorte stammen (z.B. Raps oder Linde). Viele der untersuchten Honige erreichen den geforderten Pollenanteil allerdings nicht und müssten eigentlich als Mischblütenhonige verkauft werden. Die schlechte Bewertung der Honige ist also in vielen Fällen nicht zwingend auf eine schlechte Qualität, sondern auf die Täuschung der Verbraucher durch falsche Deklarationen und ungerechtfertigt hohe Preise zurückzuführen.
Auch die fehlerhaft ausgezeichnete Herkunft der Honige wird bemängelt. So ließen sich mittels mikroskopischer Untersuchungen in einigen Honigen Pollen finden, deren botanische Herkunft außerhalb der EU liegt, obwohl die Deklaration eine reine Herkunft aus EU-Ländern ausweist.
Teuer ist nicht immer besser
Im Vergleich zeigte sich außerdem, dass der höhere Preis eines Honigs nicht unmittelbar mit einer besseren Qualität einhergeht. Während eine namhafte BIO-Marke in der Kategorie Wildblütenhonig als Gewinner hervorgeht, wird sie in der Kategorie Akazienhonig mit “mangelhaft” abgestraft. Auch die Gegenüberstellung von Supermarkt und Discounter bringt kaum Erkenntnisse: Je nach untersuchter Sorte zeigen sich unterschiedlichste Platzierungen.
So wurden zwei Discounterhonige in diesem Test mit der “Bestnote” “gut (2,0)” ausgezeichnet. Dieses Ergebnis ist zunächst überraschend und erzeugt beim Konsumenten schnell ein falsches Bild, denn die Honige erreichen zwar qualitativ die Bestnote, jedoch werden die sozialen Faktoren eines so billigen Honigs nicht berücksichtigt. Es ist fragwürdig, wie sich bei einem Honig für 2,29 € die Bezahlung der beteiligten Imker gestaltet. Auch der Mehrwert heimischer Honige gegenüber Importware fließt nicht in die Bewertung mit ein. Der Vergleich von deutschen Honigen mit internationaler Massenwaren ist nur schwer anhand der anfangs genannten Kriterien möglich, da die Arbeit der Bienen und ihr Beitrag zur Bestäubung nicht berücksichtigt werden. Verbraucher sollten sich also beim Kauf von Honig nicht vom Preis lenken lassen, sondern sich vorwiegend auf dessen Herkunft konzentrieren.
In der deutschen Honigverordnung ist geregelt, welche Informationen auf Honigetiketten enthalten sein müssen. So sind Imker und Honigverkäufer laut dieser Verordnung nicht dazu verpflichtet, auf die Botulismusgefahr bei Babys durch den Verzehr von Honig hinzuweisen. Viele Hersteller entscheiden sich deshalb dafür, diese Angabe nicht auf ihre Etiketten zu schreiben. Kritisch anzumerken ist, dass sich der fehlende Gefahrenhinweis jedoch im Test negativ auf die Bewertung der Deklaration auswirkt, obwohl er nicht verpflichtend ist.
Die Problematik des Imports
Allgemein ist der Test der Stiftung Warentest sehr sinnvoll aufgebaut und bietet einen guten Überblick über die Beschaffenheit des Honigangebots in deutschen Supermärkten. Allerdings verpasst es die Untersuchung zur Grundproblematik, die sich im deutschen Honigmarkt verbirgt, Stellung zu nehmen: Nur fünf der begutachteten Honige stammen aus Deutschland, bei dem Rest handelt es sich um Mischungen aus EU- und oft auch Nicht-EU-Ländern. Bei diesen importierten Honigen gehen hohe Margen an die involvierten Zwischenhändler. Während deutsche Imker also um Preise von 6 € pro Kilogramm kämpfen, verkaufen international agierende Unternehmen importierte Honige für über 20 €. Diese hohen Preise werden oftmals durch besondere Sorten und scheinbar hochwertige BIO-Qualität gerechtfertigt. Im Test zeigt sich jedoch, dass es sich hier oftmals um reine Verbrauchertäuschung handelt. Die Basis, auf der die hohen Preise gerechtfertigt werden, ist also überhaupt nicht gegeben.
Transparenz und Fairness sind gefragt
Welcher Schluss lässt sich nun aus den Ergebnissen der Stiftung Warentest ziehen? Weder der Preis noch die Sorte geben im Supermarkt und Discounter einen eindeutigen Hinweis für den Verbraucher, ob ein Honig wirklich hält, was er verspricht. Nur wer Honig direkt vom Imker kauft, kann einen transparenten Einblick in die Herkunft und Zusammensetzung der Honigs erhalten. Bei lokalen Imkern findet der Kunde selten Produkte, die als Sortenhonige deklariert sind, da die Tests zur Feststellung der genauen Honigsorte meist zu teuer sind. Erfahrene Imker können aber in der Regel gut einschätzen, aus welchen Pflanzen der Honig gewonnen wurde. Als Kunde kann die Zusammensetzung des Honigs also im direkten Gespräch mit dem Imker oder beispielsweise über beim Kauf über nearBees durch die Angabe von Sortenanteilen ermittelt werden.
Wer vom Honigkauf im Supermarkt profitiert, ist in der Regel nicht eindeutig ersichtlich. Oft ist allerdings davon auszugehen, dass die beteiligten Arbeiter am Ende kaum Geld für ihre Arbeit erhalten. Nur durch den Honigkauf direkt vom Imker kann der Verbraucher sicher sein, dass es sich um eine faire Bezahlung handelt, die der dahinter stehenden Arbeit gerecht wird. So werden nicht nur die heimischen Imker unterstützt, sondern mit ihnen auch der Erhalt einer artenreichen Natur, denn Honig kann zwar importiert werden, aber die Bestäubung durch Bienen und Insekten ist dadurch nicht ersetzbar.