Lebensmittel von nebenan
Warum regionales Einkaufen besser ist
Lokale und regionale Lebensmittel können nicht nur direkt beim Erzeuger gekauft werden. Aufgrund des steigenden Verbraucherbewusstsein für eine transparente Produktherkunft setzen inzwischen auch viele Supermärkte auf Regionalität und entwickeln eigens dafür neue Siegel und Marken. Doch wie regional ist regional eigentlich wirklich und kann man den unzähligen, oftmals selbst auferlegten, Gütesiegeln auch vertrauen? Diesen Fragen werden wir in diesem Blogbeitrag auf den Grund gehen.
Wer kauft regional und was wird gekauft?
Laut einer Umfrage des Bundeslandwirtschaftsministeriums achten 78% der Befragten beim Kauf ihrer Lebensmittel auf Regionalität und genauso wichtig ist den Befragten ein Hinweis auf die Herkunft auf der Verpackung. Doch wer kauft eigentlich regionale Lebensmittel und wo? Eine Studie der Geschmackstage Deutschland e.V. hat herausgefunden, dass die meisten Befragten ihre regionalen Produkte im Supermarkt erwerben. Nur wenige kaufen ihre Lebensmittel direkt bei Erzeugern aus der Region oder besuchen einen Wochen- oder Bauernmarkt. Alter und Wohnort spielen beim Einkaufsverhalten eine große Rolle: die jüngeren, meist urban geprägten, Generationen achten im Schnitt weniger auf lokale Produkte und kaufen diese häufiger im Supermarkt. Gründe dafür könnten in dem geringen Bezug zum Ländlichen oder fehlende Bekanntschaften zu Erzeugern liegen. Doch allgemein ist festzustellen, dass regionale Lebensmittel an Attraktivität zugenommen und in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen haben.
Dies gilt sowohl für Obst und Gemüse, als auch für Milch und Milchprodukte, Honig, Mehl, Nudeln und natürlich Fleisch: Bereits über die Hälfte der Befragten achtet hier auf die regionale Herkunft.
Warum regional einkaufen?
Für den Kauf regionaler Lebensmittel gibt es viele gute Gründe. Produkte von heimischen Erzeugern genießen ein höheres Vertrauen als überregionalen oder gar importierten Produkte. Außerdem steht für viele Verbraucher auch die Förderung der Wirtschaft in der eigenen Region im Vordergrund, da dadurch Arbeitsplätze erhalten oder geschaffen werden können. Vielfach sind regionale Produkte auch frischer, saisonal und ausgereift, weil sie nicht über einen längeren Zeitraum gekühlt werden müssen. Daher schmecken sie meist auch aromatischer und intensiver als aus fernen Regionen der Erde importierte Lebensmittel. Ein weiterer Aspekt, der für viele Verbraucher beim Kauf regionaler Produkte eine Rolle spielt, sind kurze und dadurch klimafreundlichere Transportwegeege. Durch die geringe Distanz zwischen Produktionsort und Supermarkt wird das Verkehrsaufkommen minimiert und dadurch ist auch der CO²-Ausstoß geringer. Zudem verbrauchen regional angebaute und verkaufte Lebensmittel weniger Energie, da lange und energieintensive Lagerungszeiten wegfallen.
Welche Herkunftssiegel gibt es?
Supermärkte und Lebensmittelproduzenten haben den Trend zu regionalen Lebensmitteln inzwischen aufgegriffen, weshalb sich deutschlandweit in den letzten Jahren verschiedenste Siegel entwickelt haben, die die Regionalität der Produkte hervorheben sollen.
Das Siegel “Regionalfenster” findet sich beispielsweise seit 2014 auf mehr als 4.000 Produkten und gibt Verbrauchern Auskunft über Herkunft der Zutaten und Ort der Verarbeitung. Die Region muss dabei ziemlich detailliert benannt werden, so etwa nach Landkreis, Bundesland oder als Radius mit Kilometerangabe. Auskunft über die Bio-Qualität gibt dieses Siegel allerdings nicht. Neben dem Regionalfenster gibt es auch noch die vielleicht besser bekannten Siegel “Geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.)” und “Geschützte geografische Angabe (g.g.A.)”. Das Gütezeichen “g.U.” weist darauf hin, dass sowohl die Erzeugung, als auch Verarbeitung und Herstellung eines Produktes in einer bestimmten Region stattgefunden haben. Ein Beispiel dafür ist der “Allgäuer Emmentaler”, der nur Milch aus dem Allgäu enthält und auch dort produziert wurde. Dahingegen muss beim Gütezeichen “g.g.A.” nicht jeder Produktionsschritt in der Region absolviert werden. Ein Beispiel für ein Produkt dieser Art sind “Schwäbische Maultaschen”, die nur diesen Namen tragen dürfen, wenn sie in Schwaben nach dem Rezept, welches bei der EU hinterlegt ist, hergestellt werden. Woher aber die Zutaten im Einzelnen stammen, ist bei diesem Gütesiegel irrelevant. Ähnliches gilt auch für “Nürnberger Lebkuchen” oder “Lübecker Marzipan”.
Kleinere regionale Gütesiegel einzelner Bundesländer, wie “Bewährte Qualität Sachsen” oder “Bio aus Hessen” unterscheiden sich in ihren individuellen Ansprüche an den regionalen Bezug stark voneinander: Für einige, wie “Gesicherte Qualität Baden-Württemberg”, müssen 90% der Rohstoffe aus dem Bundesland stammen, bei anderen, wie “Geprüfte Qualität Thüringen” ist es hingegen ausreichend, wenn 50% der Inhaltsstoffe aus der Region stammen.
Bei welchen Produkten sollte auf Regionalität geachtet werden?
Generell kann man bei vielen Produkten regionale Alternativen zurückgreifen. Ein Beispiel für ein, oftmals unnötigerweise, über weite Strecken transportiertes Produkt ist Mineralwasser. In Deutschland gibt es rund 200 Mineralbrunnen und dennoch ist die bandbreite an importierten Wassermarken immens: angefangen von noch relativ “nahen” Regionen in Frankreich, Schweiz oder den Niederlanden bis zu Exklusivmarken aus dem Pazifik.
Auch bei Milch und Käse gibt es viele regionale Anbieter in ganz Deutschland. Molkereien wie die “Allgäuer Hof-Milch”, die “Bergader Privatkäserei” oder “Andechser” zahlen ihren Milchbauern höhere Preise und legen Wert auf Tierwohl und Natur. Die oftmals höheren Preise für regionale Lebensmittel sind jedoch nur möglich, weil das Bewusstsein für Herkunft und faire Bezahlung bei Kunden gestiegen ist.
Dies kommt auch den deutschen Imkern zugute. Denn auch Honigliebhaber denken immer häufiger an die Bienen um’s Eck und möchten daher lieber Honig vom Imker nebenan kaufen, als Mischhonige mit der unklaren Herkunftsbezeichnung aus “EU- und Nicht-EU-Ländern”.
Deutschlandweit halten etwa 130.000 Menschen Bienen, die ihren Honig über unterschiedliche Kanäle verkaufen: eine schier unendliche Vielfalt, die neben dem Guten Gewissen gleichzeitig zum Erhalt der Biene beiträgt und für eine artenreiche Natur sorgt.
Einzig bei Obst und Gemüse führt der Anspruch nach heimischer Herkunft zu einigen Einschränkungen: saisonale Verfügbarkeit und eine stark eingeschränkte Auswahl bei Wegfall tropischer Erzeugnisse erschweren hier den Wechsel zu regionaler Herkunft. Bei heimischen Obst und Gemüsesorten ist es jedoch bereits vielerorts auch im Supermarkt möglich auf lokale Erzeugnisse zurückzugreifen. Die Supermarktketten Rewe und Edeka haben zum Beispiel für diese Lebensmittel eigene Siegel entworfen: Das Regionalsiegel von Rewe ist gelb mit einem schwarzen Traktor. Edeka hat sogar sieben verschieden Regional-Siegel für die unterschiedlichen Regionen Deutschlands, wie zum Beispiel “Bauers Beste” in Niedersachsen oder “Mein Bayern” in Südbayern. Kleine landwirtschaftliche Betriebe können unter diesen Siegeln ihrer Erzeugnisse in lokalen Supermärkten anbieten.
Was bedeutet “regional” überhaupt?
Leider gibt es keine feste Definition, die festlegt aus welchem Umkreis Lebensmittel stammen oder produziert werden müssen, damit sie als regional bezeichnet werden dürfen. Eine Studie der Initiative “Geschmackstage” hat jedoch herausgefunden, dass für 38% der Befragten ein Produkt nur dann regional ist, wenn es im Umkreis von 50 km produziert wurde. Dabei kann die Angabe “Region” für verschiedene Menschen aber auch ganz unterschiedlichen Bezug haben. Für die einen muss ein regionales Produkt aus dem eigenen Landkreis stammen, anderen reicht es, wenn das Produkt aus dem eigenen Bundesland oder aus Naturräumen, wie der Eifel oder dem Bayrischen Wald, stammen. In jedem Fall sollte man im Supermarkt genau darauf achten, was man kauft und woher das Produkt tatsächlich stammt.
Leider erschwert die Vielfalt an verschiedenen Siegeln die Transparenz für den Verbraucher, sodass es vielleicht an der Zeit wäre auch von politischer Seite den Begriff der Region fest zu definieren und es Kunden somit zu erleichtern auf regionale Lebensmittel zu achten.