Klein, aber fein

Insekten des Jahres 2024

Große Holzbiene

Jedes Jahr aufs Neue beraten verschiedenste Experten und namhafte Insektenkundler, wer sich mit Titeln wie “Insekt des Jahres”, “Schmetterling des Jahres” oder “Wildbiene des Jahres” schmücken darf. Die Wahl ist dabei nicht leicht, denn unter den zahlreichen Vorschlägen wimmelt es nur so von würdigen Siegern. Hat sich eine Gewinnerart gegen mehr als eine Millionen Konkurrentinnen durchgesetzt, darf sie sich ein Jahr im Rampenlicht sonnen, bevor dann eine andere gekürt wird.
Die kleinen Krabbler sollen so der breiten Öffentlichkeit näher gebracht werden, da sich viele Menschen eher vor Insekten ekeln, als sie wertzuschätzen. Dabei leisten die Nützlinge Beachtliches: Jedes Jahr bestäuben sie Abertausende von Pflanzen. Erst dadurch ermöglichen sie eine reichhaltige Obst- und Gemüseernte und - noch viel wichtiger - sichern die Existenz von Bäumen, Sträuchern bis hin zu Blumen und Gräsern. Insekten sind außerdem eine wichtige Nahrungsgrundlage für andere Tierarten, wie Vögel oder Amphibien. Durch die Ernennung der Insekten des Jahres soll nicht nur auf deren Relevanz aufmerksam gemacht, sondern auch Vorurteile abgebaut und zum Schutz der Arten aufgerufen werden.

Insekt des Jahres: der Stierkäfer

Der Stierkäfer ist Insekt des Jahres und hat sich diesen Titel redlich verdient. Der glänzend schwarze Käfer erreicht eine Körperlänge von bis zu 20 Millimeter. Doch nicht nur seine beachtliche Größe fällt ins Auge, sondern auch die für Männchen typische, markante Kopfform. Seinem imposanten, aus drei Höckern bestehenden Geweih verdankt der Stierkäfer übrigens seinen Namen. Als Vertreter der Familie der Mist- und Dungkäfer, ist auch der Stierkäfer von den Exkrementen verschiedener Pflanzenfresser wie Rehe, Hasen oder Schafe begeistert. Der Kot wird sowohl von den erwachsenen Käfern als auch von der Brut als Nahrungsquelle genutzt. Nach der Paarung graben die Stierkäfer einen bis zu 1,5 Meter tiefen Gang in den Boden und legen darin die Brutkammern an. Jede Brutkammer wird anschließend mit einem Ei und einem Dungvorrat für den Nachwuchs gefüllt. 

Stierkäfer

Die kleinen Insekten spielen mit ihrem Tunnelbau und ihrer Abfallverwertung eine wichtige Rolle in unserem Ökosystem. Die verzweigten Gänge der Käfer durchlüften und lockern unsere Böden und verbessern so deren Qualität. Dass sich der Stierkäfer von den Exkrementen anderer Tiere ernährt, mag manchem eklig vorkommen, für unsere Umwelt ist es allerdings ein Segen. Durch das Entfernen des Dungs reduziert der Stierkäfer nicht nur Nahrungsquellen und Nistplätze für Schädlinge, sondern führt unseren Böden durch die Lagerung der gesammelten Dungkugeln in seinem Tunnel auch wichtige Nährstoffe zu. Aber auch der robuste Stierkäfer ist vom großen Artensterben betroffen. Nicht nur der Verlust an Lebensraum, sondern auch Giftstoffe, die mit dem Kot ausgeschieden werden, als Folge von Wurm- oder Parasitenbehandlungen bei Nutztieren, sind ausschlaggebend für den besorgniserregenden Rückgang der Stierkäferpopulation.

Schmetterling des Jahres: der Mosel-Apollofalter

Herzlichen Glückwunsch an den Mosel-Apollofalter, er darf sich feiern lassen, denn er ist der Schmetterling des Jahres 2024. Dieser seltene Falter ist seit Jahrhunderten ein Liebling der Schmetterlingskundler und Sammler. Grund dafür sind seine Seltenheit und seine schöne, auffällige Zeichnung. Rote Augenflecken mit schwarzem Rand und weißem Kern zieren seine weißen Flügel und machen den Mosel-Apollofalter zu einem echten Hingucker. Wenn man ihn überhaupt zu Gesicht bekommt, denn seit mehr als einem Jahrzehnt gehen seine Bestände drastisch zurück. 

Mosel-Apollofalter

Der hübsche Tagfalter ist eine Unterart des ebenfalls stark gefährdeten Apollofalters und kommt ausschließlich im unteren Moseltal in Rheinland-Pfalz vor, wo er die Felsen der meist konventionell bewirtschafteten Weinberge besiedelt. Der übermäßige Einsatz von Pestiziden und der Straßenverkehr setzen dem prächtigen Schmetterling und seinen Raupen hier jedoch stark zu. Der Mosel-Apollofalter ist der Inbegriff einer bedrohten Schmetterlingsart und genießt den höchsten Schutz auf deutscher und europäischer Ebene. Dennoch wird sich sein Bestand nicht erholen, solange er weiterhin den giftigen Pestiziden des intensiven Weinbaus ausgesetzt ist.

Wildbiene des Jahres: die Blauschwarze Holzbiene

Kleines Insekt ganz groß! Die Blauschwarze Holzbiene ist die Wildbiene des Jahres 2024. Wobei “klein” in diesem Fall nicht ganz zutrifft, denn die Verwandten der Honigbiene werden bis zu 28 Millimeter groß und sind damit die größten Brummer unter den Wildbienen in Deutschland. Zu erkennen ist das Insekt an seinem hummelähnlichen Körperbau, dem schwarz-metallisch glänzenden Panzer und den intensiv blau schillernden Flügeln. Ihren Namen verdankt die fleißige Biene übrigens der Tatsache, dass sie ihre Nester gerne in morschen Holzstämmen oder ähnlichem anlegt. Dank ihrer kräftigen Kiefer ist es für sie kein Problem, einen bis zu 30 Zentimeter langen Gang ins Holz zu nagen, in dem die Holzbiene dann ihre Brutkammern anlegt. Vor ihrer Beißkraft oder ihrem Stachel braucht der Mensch übrigens keine Angst zu haben, denn die kleine Riesin ist ein durch und durch friedlicher Zeitgenosse. Bissig kann sie allerdings werden, wenn sie trotz ihrer extrem langen Zunge nicht an den Nektar einer Blüte herankommt: Dann nagt sie ein Loch in die Blütenwand und bedient sich am süßen Blütensaft. Dabei kommt sie aber nicht mit dem Pollen in Berührung und die Bestäubung bleibt aus.

große Holzbiene

Die Wildbiene des Jahres im Porträt

Mehr über die Wildbiene

Wer den Holzbienen etwas Gutes tun will, pflanzt Schmetterlings-, Korb- und Lippenblütler, denn diese Pflanzenarten sind besonders beliebt bei den schwarzen Bienen. Zudem schafft das Anlegen eines Totholzhaufens wichtigen Lebensraum für die kleinen Tiere, denn wie die meisten Insekten ist auch die Wildbiene des Jahres 2024 stark vom Verlust ihrer Lebensräume betroffen.

Deshalb ist es wichtiger denn je, sie und andere Wildbienen, Libellen, Schmetterlinge und Insekten im Allgemeinen zu schützen, damit wir uns nicht nur wegen ihrer Auszeichnungen an sie erinnern, sondern ihnen vor allem auch weiterhin in der Natur begegnen können.

Ein Beitrag von Ariane von nearBees
vom 24.06.2024